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Von der „Digitalen Gedächtniswand” zum Wandbild

Ein für die Schulgemeinschaft sichtbares Stück Erinnerungskultur an die wechselhafte Geschichte der Deutschen Schule San José zwischen 1933 und 1956 sollte die ursprünglich geplante „Gedächtniswand“ in Form einer Materialcollage (ca. 5m x 3m) werden. Ziel war, die aus der Projektarbeit gewonnenen Erkenntnisse visuell umzusetzen, auf diese Weise neu zu interpretieren und an prominenter Stelle im Schulgebäude anzubringen, um dort zum Verweilen und zur kritischen Auseinandersetzung mit der Schulgeschichte einzuladen.  

Etwa zwei Drittel der hinter der Gruppe sichtbaren Wand aus Lochblech in der so genannten „Drosselgasse” neben der Turnhalle war dafür vorgesehen. Zusammen mit dem bekannten costa-ricanischen Künstler Mario Parra ging das Kunstteam zunächst in einen kritischen Dialog, um die Umsetzung zu konzipieren (Abb. 1). Parra setzte sich mit den Einfällen der Schülerinnen und Schüler auseinander und gab wichtige Impulse, um die Aussagekraft wichtiger Elemente der Collage zu betonen oder die Gruppe anzuhalten, einzelne Ideen zu überdenken. 

Als Nächstes wurde das Material gekauft und das Team verbrachte viele Stunden im Kunstbereich der Schule mit der Arbeit am Projekt (Abb. 2).

Doch dann kam Corona. Jegliche Weiterarbeit an der Gedächtniscollage war ab März 2020 in der Schule aufgrund der staatlichen Restriktionen von da an ausgeschlossen. Schnell wurde deshalb die Entscheidung getroffen, einen Online-Designer zu suchen, der am Computer die Ideen der in ein digitales Kunstwerk verwandelt. Andrés Sanchez arbeitete sich unter Anleitung der Schülerinnen und Schüler in das Projekt ein und fand gemeinsam mit ihnen eine digitale Lösung für die Umsetzung ihrer Vorstellungen. Ergebnis war eine “mural digital”, die auf der Homepage veröffentlicht ist.  

Allerdings war bei der Projektgruppe “Kunst” eine gewisse Enttäuschung nicht zu leugnen, das Bild nicht in voller Größe als reales Kunstwerk umsetzen zu können. Dann jedoch kam die zündende Idee: Die Firma SIGNUM aus San José wurde beauftragt, aus der digitalen Vorlage eine farbige Druckfolie herzustellen. Auf diese Weise war möglich, ein Wandbild von 4,30 Metern Breite und 2,40 Metern Höhe auf der ursprünglich dafür ausgewählten Wand in der „Drosselgasse“ anzubringen. Dort ist die “Muro de Recuerdo” nun ein absoluter Blickfang für die Schulgemeinschaft.  

Der Ort ist nicht zufällig gewählt. Die „Drosselgasse“ ist der schuleigene Korridor der Erinnerung. Denn gegenüber dem neuen Wandbild hängen die so genannten „Placas“, auf denen seit dem ersten Abschlussjahrgang nach der Wiedereröffnung der Schule die Namen aller Absolventen des Colegio Humboldt verewigt sind. Die neue Gedächtniswand befindet sich damit in bester Gesellschaft, um dem Motto des Wettbewerbs folgend für die Gegenwart zu erinnern. 

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Detailinformationen zu einzelnen Bildelementen

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Im Jahr 1941 wird die Deutsche Schule auf Anordnung der costa-ricanischen Regierung geschlossen. Dieses Ereignis markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Schule und der Alemanes in Costa Rica. 

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Schüler der alten Schule (1912) neben Schülern der aktuellen Generation (2020) richten ihren Blick voller Hoffnung in die Zukunft. 

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Stellvertretend für das Schicksal vieler Alemanes steht die Buchhandlung der Familie Lehmann im Stadtzentrum von San José. Sie wird im Zuge der Maßnahmen der Regierung geschlossen. Viele weitere Geschäfte der Alemanes, die ihre Kinder an die Deutsche Schule schicken, sind betroffen.  

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Alexander von Humboldt ist ein bekannter deutscher Naturwissenschaftler. Er hat große Reisen unternommen, um mit allen Sinnen Lateinamerika zu erkunden. Humboldt steht mit seinem Namen und seinen Ideen seit 1956 für die Ziele des Colegio Humboldt. 

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Costa Rica ist bekannt für aktive Vulkane und Kaffeeplantagen. Viele dieser Kaffeeplantagen gehören Alemanes. Per Dekret werden ab 1941 viele vom costa-ricanischen Staat enteignet. Die Alemanes verlieren so große Landbesitzungen.   

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Mit der Wiedereröffnung der Schule im Jahr 1956 bietet sich die Möglichkeit, die Deutsche Schule neu zu definieren und neue Visionen als Leitbilder zu etablieren. Die Humboldt-Schule verbindet nun viel stärker als zuvor beide Kulturen: Costa Rica und Deutschland treffen sich symbolisch an dieser Schule, die Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern tauchen tief in beide Kulturen ein und diese vermischen sich. Der Globus vor Alexander von Humboldt symbolisiert diese Verbindung beider Kontinente, für die der Wissenschaftler stellvertretend steht. 

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Das Colegio Humboldt-Schule im Jahr 2020

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1941 zeigt sich ein Riss zwischen Costa Rica und den Alemanes. Die Verschlechterung der Beziehungen symbolisieren die Farben, die nun grau werden, und die Flaggen, die sich trennen. Dieser Bereich steht für die negativen Folgen der historischen Ereignisse in Europa für die Alemanes in Costa Rica: die Schließung der Schule, Enteignungen, Lagerhaft in Costa Rica und Deportationen in Lager in den USA. 

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Das erste Schulgebäude der Deutschen Schule San José im Jahr 1912

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